Samstag, 1. September 2012

Aus und vorbei

Über ein Jahr ist vergangen, seit ich in Deutschland in den Flieger gestiegen bin und mit 15 anderen Freiwilligen nach Peru geflogen bin.
In diesem Jahr...
...wurde ich herzlich im Kinderdorf Munaychay in Empfang genommen.
...lernte ich 70 neue Kindernamen.
...wohnte ich mit anderen Freiwilligen in einer WG im Kinderdorf.
...lernte ich die Grundlagen der Sprache Quechua.
...erklomm ich 7 Mal den Gletscher oberhalb von Munaychay.
...schlief ich eine Nacht in einer Wüste.
...wurde ich von den Kindern "Richard malo" genannt, wenn ich sie mal wieder ärgerte.
...lernte ich die Speise Tarwi hassen und lieben.
...war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf 6000 Metern Höhe.
...drehte ich unzählige Filme.
...wusch ich meine Wäsche von Hand.
...musste ich auf Brezeln verzichten.
...lernte ich um jeden Centimo zu handeln.
...musste ich wahnsinnig oft lachen und am Ende weinen.
...unterrichtete ich Sport und Englisch in einer Grundschule.
...fragte ich Lucero 100.000 Mal wieviel 2x6 ergibt.
...trank ich Chicha (peruanisches Mais"bier")
...rasierte ich mich selten.
...sah ich dicke Spinnen.
...trainierte ich eine Fußballmannschaft.
...war ich selten im Internet.
...erstellte und druckte ich drei Mitarbeiterzeitungen.
...musste ich Fußball auf Tore ohne Netz spielen.
...aß ich etwa 1000 Kilo Hühnchen mit Pommes.
...lebte ich billig.
...lernte ich wahnsinnig viel.

Ich bin jetzt in Lima mit allen Freiwilligen in einem Hostal. Morgen haben wir unseren letzten großen Auftritt im Namen von Corazones para Perú. Wir sollen an einer der bekanntesten Schule Limas auf einem Fest einen Stand betreuen und dabei das Projekt vorstellen.
Ich nehme aus diesem Jahr so viele Erfahrungen mit, die ich bisher noch gar nicht sortieren kann und es dauert auch sicher noch einige Wochen oder sogar Monate, bis ich alles verarbeitet habe.

Ich danke allen Menschen, die mir das Jahr möglich gemacht haben, die mich auf dem Weg begleitet haben, die mir geschrieben haben, die mich zum Lachen gebracht haben.

Manapuni qonqaykichischu! Peru sulpayki!
Tupananchiskama.

Dienstag, 28. August 2012

Abschiedswochen und Abschiedsfeier

So, liebe Leute. Jetzt ist das Jahr auch tatsächlich schon vorbei. Die neuen Freiwilligen sind schon vor fast zwei Wochen angekommen und wir haben den Umzug ins Hostal in Urubamba vollzogen, wo wir "alten" Freiwilligen jetzt wohnen.
Wir haben den "Neuen" unsere Projekte gezeigt, Schlüssel übergeben und alles erklärt. Dazu wurde unser Abschied in Urubamba gebührend gefeiert. Das schönste Erlebnis war aber unsere Abschiedsfeier von Munaychay. Gemeinsam mit allen Kindern, Tías, neuen und alten Freiwilligen, sowie einigen Arbeitern saßen wir alle in der Casa Redonda in Munaychay. Es begann mit einem riesigen Buffet, danach wurden wir jeder von seinem Haus verabschiedet und es begannen die Tänze. Jedes Haus führte einen Tanz vor, dazu die Kreativwerkstätten und Tim und ich gaben einen viertelstündigen Sketch auf Quechua, Spanisch und Deutsch zum Besten. Gibts auch auf Film, wenn ich zurückkomme. Dann kam auch noch ein Tanz in volkstümlicher Kleidung, vorgeführt von uns Freiwilligen.





Und am Ende wurde noch viel getanzt.
Leider habe ich zurzeit ganz viel um die Ohren, deshalb kann ich nicht so viel hier schreiben. Aber bald bin ich ja schon wieder in Deutschland, um ganz viel zu erzählen.

Mittwoch, 15. August 2012

Hausputz

Die neuen Freiwilligen befinden sich im ultimativen Anmarsch. In diesem Moment sind sie schon auf peruanischem Boden und werden in wenigen Stunden Urubamba erreichen.
Da sie auch gerne in einem schönen, sauberen Haus wohnen wollen (davon gehe ich mal aus), beschlossen wir Freiwilligen vom Munaychay-Haus (die Bayern-WG), einmal unsere Bude komplett zu putzen.
Der Umzug findet nächsten Sonntag statt, aber nach 8 Stunden Putzen am letzten Sonntag ist das Haus schon übergabebereit. Die Klos blitzen so weiß wie nie zuvor, der Herd hat einen wundersamen Farbwechsel von schwarz zu silber vollzogen und gefühlte 1000 kg Müll wurden aus dem Haus entfernt.


Danach setzten wir noch die obligatorischen Hände an die Herzensabenteurerwand.

Meine Hand (für den, der es nicht gleich auf den ersten Blick erkannt hat) soll übrigens den Gletscher Chicón darstellen. Wer genau hinguckt, entdeckt sogar ein kleines Männchen, das den Gletscher bezwungen hat.


Dienstag, 14. August 2012

In 6 Tagen um die Welt


Da die Munaychay-Kinder Anfang August zwei Wochen Ferien hatten und sich deshalb rund um die Uhr in Munaychay aufhielten, hatten wir Freiwilligen eine Idee. Wir veranstalteten eine Mottowoche mit dem Thema „Rund um die Welt“. Jeden Tag entdeckte der Weltreisende Don Alfonso mit den Kindern einen neuen Kontinent, der jeweils von ein bis zwei als Einheimische verkleideten Freiwilligen vorgestellt wurde.
Tim als Fufucino (Kontinent Afrika)
Moritz und Toni als Chinesen
Ritschinho aus Brasilien
Am Vormittag wurden die Kinder dann auf Talleres (Workshops) aufgeteilt, die von uns Freiwilligen angeboten wurden. Es gab Basteln, Theater, Kochen, Tanzen, Kleinkinderbetreuung und den von Moritz und mir angebotenen Filmworkshop.
Jeden Tag drehten wir mit unserer Gruppe einen kurzen Film passend zum Kontinent. Zu Nordamerika verfilmten wir das Lied „Not afraid“ von Eminem, bei Europa mit den Kleinsten den 7-Zwerge-Song von Otto. Für Afrika filmten, schnitten und kommentierten wir ein 20-minütiges Fußballspiel. In Asien spielten wir mit fünf Kindern Takeshi’s Castle nach. Für die Antarktis drehten wir Werbespots (u.a. für Eiswürfel und Smarties). 

Am letzten Tag machten wir eine Nachrichtensendung, in der über die ganze Woche berichtet wurde.
Im Theatertaller wurde von einer abgewandelten Version der Bremer Stadtmusikanten jeden Tag eine Szene einstudiert und abends aufgeführt.
Beim Tanzen wurde jeden Tag ein landestypischer Tanz aufgeführt.
Das Kochtaller kochte jeden Tag für das Abendessen für ganz Munaychay auch etwas kontinenttypisches.
Im Kreativtaller bastelten, nähten und malten die Kinder eifrig etwas zu jeden Tag.
Nach dem Mittagessen trafen wir uns jeden Tag wieder alle zusammen, und die Häuser konnten in kleinen Wettbewerben Punkte gewinnen. Die Wettbewerbe waren u.a. Brötchen-Wettessen (USA), Müll-Modenschau (Europa), Staffellauf (Afrika), Sumo-Ringen (Asien), Eisschollenlauf (Antarktis) und Limbotanzen (Südamerika). 
Teo beim Wettessen
Reyna und Maria vor ihrem Auftritt bei der Müllmodenschau

Fredy und Juan Carlos beim Sumoringen
Am Ende setzte sich Haus 4 knapp vor Haus 7 durch.
An einigen Tagen gab es auch Nachtaktivitäten. Einmal spielten wir „Drei Scheitel ums Haus“ in der Nacht. Die Freiwilligen mussten ihre drei Holzscheite bewachen, die Kinder mussten versuchen sie umzutreten.
An einem anderen Abend machten wir einen Laternenumzug mit anschließendem Lagerfeuer und Stockbrotbraten.
Somit verflog diese Woche auch wahnsinnig schnell und das Jahr neigt sich seinem Ende zu. 

Donnerstag, 26. Juli 2012

Choquequirao - mein letzter Urlaub


Meinen letzten Urlaub in meinem Perujahr verbrachte ich mit zwei richtigen Gaunern, nämlich Tim und Alfonso, die auch als Freiwillige hier arbeiten. Wir wollten zu Choquequirao wandern. Das sind Inkaruinen, genau wie Machu Picchu, nur größer, neuer und schwerer erreichbar.
Während man nach Machu Picchu quasi bis vor die Eingangstür gefahren wird, muss man Choquequirao erst einmal erwandern. Zwei Tage Hinweg und zwei Tage Rückweg sind für „die härteste Trekkingtour in der Region Cuscos“ (Reisebüro in Cusco) einzuplanen.
So machten wir uns aber dennoch sehr entspannt auf den Weg, wie immer, ohne allzu viel im Voraus geplant zu haben. Ein Pferd, das unser Gepäck trug, mieteten wir uns vor Ort und liefen dann los. Der Mann, der unser Pferd führte, sah genau wie Averell Dalton (der größte und dümmste der vier Gauner bei Lucky Luke aus) und zeitweise hatten wir Angst, er wäre mit unserem Gepäck über alle Berge gegangen und verschwunden. Zum Glück fanden wir ihn immer wieder.
31 Kilometer liegen der Startort Cachora und die Ruinen von Choquequirao auseinander. Da beide auf einer Höhe von knapp 3000 Metern Höhe liegen, könnte man denken: Gemütlicher Spaziergang. Aber leider muss man das Apurímac-Tal durchqueren und das geht bis auf 1500 Meter nach unten. Diese Höhenmeter müssen leider auch gemacht werden.
Auf jeden Fall erreichten wir am Nachmittag des zweiten Tages mit guter Laune die schönen Ruinen Choquequiraos und erkundeten sie. Mein persönliches Highlight: Inkastufen aus Steinen (ohne Mörtel), in die aus weißen Steinen Lamas eingesetzt sind. 


Ansonsten muss man sagen, dass Choquequirao nicht superbeeindruckend ist, da die größten Teile noch im Dschungeldickicht verborgen sind und erst in den nächsten Jahren freigelegt werden.


Es ist schon geplant, eine Gondel von einer etwas näheren Ortschaft bis direkt zu den Ruinen zu bauen, um diese – genau wie Machu Picchu – aufs letzte auszubeuten und zu zerstören. Es lebe der Massentourismus!
Am dritten Tag unserer Trekkingtour bauten wir schon früh unsere Zelte knapp hinter Choquequirao ab und stiefelten los. Wir hatten ein gutes Tempo drauf und erstmal ging es auch bergab. Dann waren wir wieder am Fluss angekommen und der Aufstieg wartete auf uns – und mit ihm die Sonne. Aber da wir so früh dran waren, beschlossen wir, den dritten und vierten Tag zusammenzulegen und erreichten mit Einbruch der Dunkelheit Cachora.
Somit habe ich auch den letzten Urlaub überlebt, es war einer der witzigsten, die ich hier in Peru hatte und wird mir sicher in guter Erinnerung bleiben.
In diesem Sinne…zurück an die Arbeit.
Der letzte Monat ist angebrochen, in weniger als drei Wochen werden schon die neuen Freiwilligen ankommen. Wahnsinn!

Dienstag, 10. Juli 2012

Wochenende in Pachar


Diesen Freitag nach dem Mittagessen fuhr unser Psychologe Christian mit Malika, Lena, Alfonso, mir und 14 der ältesten Kinder nach Pachar. Das ist eine kleine Gemeinde zwischen Urubamba und dem Machu-Picchu-Zug-Abfahrtsort Ollantaytambo. Dort nisteten wir uns in der Schule ein.
Das ganze Wochenende verbrachten wir in der Schule. Wir behandelten Themen wie Berufe, Lebenskosten, Mietkosten und Methoden zum besseren Lernen, um die Jugendlichen ein bisschen auf die Zeit nach Munaychay vorzubereiten.
Zudem war es für mich die erste Gelegenheit, meine neue Kamera auszuprobieren, nachdem die alte im Wüstensand von Ica ein bitteres Ende gefunden hatte.

Neben der grauen Theorie wurde auch viel gespielt. Auf dem nebenliegenden Sportplatz spielten wir Fußball, es gab ein Zeitungsquiz, Kegeln, Fangen, Werwolf und viele andere lustige Spiele. Am letzten Abend schauten wir einen Film aus Indien (3 Idiots, wärmstens zu empfehlen).

Jeder betreuende Freiwillige hatte eine Gruppe zugeteilt bekommen und jede Gruppe war für die Zubereitung einer Mahlzeit zuständig. Super, dass sich meine Gruppe ausgerechnet mein „Lieblings“essen Tarwi ausgesucht hatte.

Insgesamt war es ein tolles Wochenende für alle Beteiligten und wird sicher eine Wiederholung finden.

Dienstag, 3. Juli 2012

Chachani - Richard auf 6000 Metern

Nach nunmehr sieben Gletscheraufstiegen wollte ich meiner bergsteigerischen Aktivität in Peru noch eine kleine Krone aufsetzen. Eine Krone, bestehend aus dem Berg Chachani, der mit 6075 Metern über der Stadt Arequipa thront.
Somit machte ich mich Donnerstagabend im Nachtbus von Cusco auf nach Arequipa, fand dort eine gute Tour, die Transport, Ausrüstung und Guide zur Verfügung stellte und ruhte mich am Nachmittag in meinem Hostalzimmer aus.

Der Chachani ist laut Reiseführer einer der leichtesten 6000er der Welt, insgesamt braucht man nur etwa 11-12 Stunden für die ganze Tour in zwei Tagen und wird mit einem Spezialfahrzeug bis auf 4950 Meter Höhe gefahren. Klingt nicht anspruchsvoll, oder? In der Folge: Mein Reisebericht.

Um etwa halb 10 brachen wir am Samstagmorgen gemütlich aus Arequipa auf, ausgerüstet mit Nahrungsmitteln, 5 Litern Wasser pro Person, Kleidung, Zelt, Pickel, Steigeisen und anderen kleinen Dingen, die man für eine 6000er-Besteigung so braucht. Unsere Gruppe bestand aus Eal aus Israel, einem anderen Richard aus Peru und unserem Guide Adrian. Drei Stunden dauerte die Fahrt und in der Hochebene sahen wir Vicuñas und Huanacos, seltene lamaähnliche Tiere. Irgendwann ging die Straße nicht mehr weiter. Wir trafen Wanderer vom Vortag, die auf ihr Auto warteten und die hatten eine aufmunternde Statistik für uns parat: Von den 26 Leuten ihrer Wandergruppe seien nur 7 am Gipfel angekommen.
Wir liefen dann mit unseren zentnerschweren Rucksäcken noch etwa anderthalb Stunden bis zum Basiscamp auf 5180 Metern. Dort schlugen wir die Zelte auf, packten die Rucksäcke für morgen um, ruhten uns aus und um 16 Uhr rief uns Adrian zum Abendessen. Es gab Suppe und danach Nudeln mit Thunfischsoße. 

Ich putzte noch schnell die Zähne, dann schlüpfte ich auch schon in den Schlafsack im Zelt und wartete auf die Kälte. Die kam dank meinem Super-Hightech-Schlafsack zum Glück nicht, dafür aber ein anderer ungeliebter Besuch: Herr Kopfweh. Zudem war das Zelt nicht lang genug für mich und so tat ich die ganze Nacht kein Auge zu. Um 1:30 Uhr am Morgen weckte uns Adrian. Die anderen beiden hatten auch keine Minute geschlafen und selbst Adrian hatte nur 1,5 Stunden schlafen können. Das ist schon ein Phänomen auf dieser Höhe. Adrian braute uns einen Tee aus Coca und dann brachen wir um kurz vor 2 Uhr auf. Es war ein bisschen kalt. Ich trug 2 T-Shirts, 2 dicke Pullis, eine Fleecejacke und eine richtige Jacke. Dazu eine Sporthose, eine Jeans und eine Schneehose und es war trotzdem kalt.
Zum Glück verschwand mit dem Aufstehen auch das Kopfweh, sodass ich mich ganz auf den Aufstieg konzentrieren konnte, der es in sich hatte. Zwar technisch kaum anspruchsvoll, aber dafür ziemlich steil ging es dauerhaft den Berg nach oben.
Nach zwei Stunden kehrte der andere Richard um, nach drei Stunden machte auch Eal Schluss. Der Aufstieg wurde noch ein bisschen steiler. Ab 5800 Metern brauchte ich alle zehn Höhenmeter eine Minute Verschnaufpause. Trotzdem ging ich weiter. Wir kamen am Schnee an. Ich hatte Hunger und wollte zwei Schokorosinen essen. Mir wurde schlecht und ich spuckte sie fast wieder aus. Aus meinen Getränken war mittlerweile Eis geworden. Mit dem Pickel kämpfe ich mich weiter. Ich brauchte mehr Pausen, alle fünf Meter, immer zwei Minuten. Der Gipfel war noch nicht in Sicht.
„Wie hoch sind wir?“, fragte ich Adrian, mit dem ich ja mittlerweile alleine unterwegs war. „Gleich auf 6000.“, antwortete er. Auf 6000 Metern angekommen, gab ich auf. Es fehlte die Kraft, außer dem Tee am Morgen und den Schokorosinen hatte ich nichts zu mir genommen, außerdem fehlte die Puste.
Da der Gipfel noch nicht in Sicht war, hörten wir an dieser Stelle mit dem Aufstieg auf und stiegen ab. Ich war ganz schön müde, als wir endlich wieder bei den Zelten ankamen und dann die drei Stunden zurück nach Arequipa chauffiert wurden. Trotzdem ist es für mich ein Erfolg gewesen. Noch nie war ich auf einer solchen Höhe.
Somit verließ ich Arequipa am Folgetag relativ glücklich in Richtung Heimat Munaychay.